Staatsvertrag

Staatsvertrag
Staats|ver|trag 〈m. 1u
1. 〈Philos.〉 Vertrag zw. den sich zu einem Staat zusammenschließenden Personen od. zw. diesen u. dem Herrscher (häufig als theoret. Grundlage bei der ursprünglichen Staatenbildung angenommen)
2. 〈allg.〉 Vertrag zwischen zwei od. mehreren Staaten

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Staats|ver|trag, der:
Vertrag zwischen (selbstständigen od. Glied)staaten.

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Staatsvertrag,
 
1) Staatsrecht: innerstaatlicher Staatsvertrag, Abkommen zwischen Gliedstaaten eines Bundesstaats. In Deutschland können die Länder untereinander - und in gewissem Umfang auch mit dem Bund - Staatsverträge im Rahmen ihrer Kompetenzen abschließen. Die Staatsverträge bedürfen in der Regel der Zustimmung der Landesparlamente. Gegenstand eines Staatsvertrags kann etwa die Ausübung von Hoheitsgewalt auf dem Gebiet eines anderen Gliedstaats (z. B. durch die Polizei bei der Nacheile), die gegenseitige Anerkennung des Abiturs oder die Errichtung einer für mehrere oder alle Länder tätigen Einrichtung (Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen, ARD und ZDF usw.) sein. Verträge mit auswärtigen Staaten können die Länder Deutschlands im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenz nur mit Zustimmung der Bundesregierung schließen (Art. 32 Absatz 3 GG). Obwohl die Praxis uneinheitlich ist, werden im Allgemeinen von den Staatsverträgen die Verwaltungsabkommen unterschieden, die keiner gesetzlichen Umsetzung durch die Landesparlamente bedürfen.
 
 2) Völkerrecht: internationaler Vertrag, Vereinbarung zwischen Staaten über völkerrechtliche Rechte und Pflichten und zur Regelung der internationalen Beziehungen und Zusammenarbeit. Parteien von Staatsverträgen können auch internationale Organisationen sein. Staatsverträge zwischen zwei Staaten heißen bilateral, solche zwischen mehreren Staaten multilateral. Durch ihre auf Willensübereinstimmung beruhende rechtliche Verbindlichkeit unterscheiden sich Staatsverträge als völkerrechtliche Rechtsgeschäfte von gemeinsamen Erklärungen über eine zukünftige Politik.
 
Staatsverträge sind ein Mittel zur Entwicklung der friedlichen Zusammenarbeit der Nationen und die wichtigste Rechtsquelle des Völkerrechts. Durch sie werden Bündnisse geschlossen und internationale Organisationen gegründet. Sie legen die rechtlichen Bedingungen des internationalen Verkehrs (Eisenbahnrecht, Weltpostverein, Luftrecht, Seerecht) und des Außenhandels (Handelsverträge) fest, sichern die Rechtsstellung des Ausländers und des Staatenlosen sowie des gebietsfremden Eigentums, begünstigen die internationale Wirtschaftsverflechtung (z. B. im Rahmen der EU) und fördern den Rechtsverkehr mit Auslandsberührung (so die Haager Abkommen). Rechtsetzende Staatsverträge dienen der Wahrung der Menschenrechte und der Kodifikation von Teilbereichen des Völkerrechts (z. B. im Seerecht). Gegenstand von Staatsverträgen sind auch die Sicherung und die Wiederherstellung des Friedens und das Kriegsrecht (Haager Landkriegsordnung, Genfer Vereinbarungen).
 
Rechtliche Grundlage der Staatsverträge sind die Prinzipien der freien Übereinkunft und von Treu und Glauben sowie der Grundsatz »Pacta sunt servanda«. Die völkerrechtlich bindende Erklärung des Vertragsabschlusses ist die Ratifikation; ihr gehen Verhandlungen bevollmächtigter Vertreter und die Unterzeichnung des ausgehandelten (von den Bevollmächtigten paraphierten) Vertragstextes voraus. Alle Staatsverträge, die ein UN-Mitglied schließt, sind dessen Sekretariat zur Registrierung mitzuteilen. Die registrierten Verträge werden in der United Nations Treaty Series (UNTS, seit 1946) gesammelt und veröffentlicht.
 
Die Nichteinhaltung eines Staatsvertrags ist eine Völkerrechtsverletzung, die zu Schadensersatz und Genugtuung, bei einer wesentlichen Vertragspflicht auch zur Kündigung oder Suspendierung des Vertrages berechtigt. Die Geltung von Staatsverträgen endet bei Befristung durch Fristablauf (Verlängerung bleibt vorbehalten), durch einverständliche Aufhebung, durch Kündigung (falls vorgesehen), bei Vertragsbruch oder bei wesentlicher Änderung der Vertragsgrundlage durch außerordentliche Kündigung. Durch Kriegsausbruch werden multilaterale Staatsverträge zwischen den Krieg Führenden suspendiert, bilaterale Staatsverträge insoweit, als sie die politischen Beziehungen regeln, beendet; unberührt bleibt die Geltung von Staatsverträgen des Kriegsrechts.
 
Die völkerrechtlichen Regeln über Staatsverträge sind aufgrund von Vorarbeiten der International Law Commission der UN durch die Wiener Konferenz von 1968/69 in dem Entwurf einer Konvention über das völkerrechtliche Vertragsrecht vom 23. 5. 1969 kodifiziert worden.
 
Die Konvention trat am 27. 1. 1980 in Kraft. Sie wird auch für die Interpretation älterer, vor ihrem In-Kraft-Treten geschlossener Verträge herangezogen, obwohl sie nach Art. 4 an sich nur auf nach In-Kraft-Treten geschlossene Verträge anzuwenden ist.
 
 
Verträge der Bundesrep. Dtl., Serie A: Multilaterale Verträge, hg. vom Auswärtigen Amt, 74 Bde. (1955-96);
 T. O. Elias: The modern law of treaties (Dobbs Ferry, N. Y., 1974);
 A. Verdross u. B. Simma: Universelles Völkerrecht (31984);
 C. Vedder: Intraföderale Staatsverträge (1996).
 
 3) Vertrag (1955) zur Wiederherstellung der Souveränität Österreichs (Österreichischer Staatsvertrag).

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Staats|ver|trag, der: Vertrag zwischen (selbstständigen od. Glied)staaten: Deutsch-deutscher S. über eine Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion (Focus 18, 1999, 196); einen S. mit den Ländern abschließen.

Universal-Lexikon. 2012.

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